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Coachingausbildungen - Ein kleiner Blick von oben

Coachingausbildungen gibt es heute gefühlt wie Sand am Meer. Wie soll man sich da orientieren?


Vereinfacht kann man sie schonmal grob in vier Gruppen teilen:

  1. Unseriöse Produkte. Diese sind dann leicht ausgemacht, wenn der Anspruch einer "Ausbildung" sich mit Zeiträumen verbindet, innerhalb denen es völlig unmöglich ist, komplexe Fertigkeiten zu erlernen, wie z.B. "Life-Coach in 3 Tagen" oder "Coaching-Zertifikat nach 3 Wochenenden". Auch reine Fernkurse ohne supervidierte Praxis fallen unter diese Kategorie. Coaching kann man nicht kontaktlos lernen.

  2. Studiengänge an Hochschulen. Ja, mittlerweile kann man Coaching studieren. Naturgemäß ist hier der Theorieanteil hoch und das Lebensalter der Coaches im Schnitt eher gering. Das ist erst einmal weder gut noch schlecht und kann ein hervorragendes Fundament für die eigene Coaching-Profession werden.

  3. Seriöse Anbieter ohne Anschluss an einen zertifizierenden Dachverband. Bietet die Ausbildung sowohl vom Inhalt als auch vom Volumen genug, lässt sich für die Absolventen hinterher der Sprung zu einem Verbandszertifikat dennoch gut realisieren. Einzig, man sollte halt wissen wem man hier vertraut, wenn die Ausbildung selber nicht durch einen seriösen Coaching-Verband zertifiziert wurde.

  4. Seriöse Anbieter mit einer von einem Coaching-Verband zertifizierten Ausbildung. Hier darf man davon ausgehen, dass sowohl Inhalte und Volumen sowie der didaktische Prozess und die Lehr-Coaches selber überprüfbaren und branchengerechten Maßstäben entsprechen. Allerdings ist auch Verband nicht Verband und es lohnt sich, die Ausrichtungen und Qualitätsstandards der wenigen großen Coachingverbände miteinander zu vergleichen, um den größtmöglichen Fit für sich selbst zu finden. Weitere Orientierung bietet u.a. der Round-Table Coaching.


Nun findet sich natürlich auch innerhalb der seriösen Anbieter eine große Bandbreite ganz verschiedenen Ausprägungen.

  • Gute und sehr gute Coachingausbildungen unterscheiden sich zunächst einmal in ihren formalen Anforderungen: Wieviele Stunden Lehre werden über welchen Zeitraum (von ca. 9 bis zu 20 Monaten) geboten? Wieviel Einheiten eigene supervidierte Coachingpraxis werden angeboten? Wieviele Stunden begleitendes selbstgenommenes Lehrcoaching werden gefordert? Welche Art von Abschlussprüfung steht am Ende? Bei welchem Verband ist die Ausbildung zertifiziert und wo kann sich der Alumni dementsprechend im Anschluss selber zertifizieren lassen? Etc.

  • Das Lernsetting kann sehr unterschiedlich sein. Insbesondere die Größe der Ausbildungsgruppe spielt eine entscheidende Rolle. Natürlich kann in einer Gruppe von 12 Teilnehmern anders auf die Teilnehmer eingegangen werden als in einer Gruppe von 18. Und wo immer zwei Ausbildungsleiter präsent sind geht mehr als bei nur einem. Was findet vor Ort statt, wieviel virtuell? Etc.

  • Dann legen die verschiedenen Anbieter durchaus verschiedene inhaltliche Schwerpunkte. Ob "rein systemisch", "kreativ-achtsam", "analog-embodimental", "pragmatisch methodisch" oder noch anders - der Möglichkeiten sind viele. Ist es ein zertifizierter Anbieter wird als Ausbildungskern der heutige Standard des systemischen Coachings allerdings nie fehlen.

  • Damit verbunden ist die inhaltliche Bandbreite. Wird ausschließlich das klassische Eins-zu-eins-Coaching-Setting gelehrt oder gibt es zusätzliche Elemente, die die wachsende Komplexität des Berufsbildes Coach aufgreifen? Zu welchem Ausmaß fließen Grundlagen aus Teamentwicklung, Gruppendynamik, Konfliktmediation, Organisationsberatung oder - auf der anderen Seite - therapeutischen Schulen in die Ausbildung ein?

  • Auch in der gelehrten und reflektierten Theorietiefe unterscheiden sich die Ausbildungen stark. Während die einen im Wesentlichen Coachingmethoden vermitteln, legen andere eine Betonung auch auf hintergründiges Theorieverständnis.

  • Welche Rolle spielt das Thema Selbständigkeit / Solopreneurship und inwieweit wird die Zielsetzung, sich als Coach selbständig zu machen durch die Ausbildung begleitet und gefördert?

  • Zuletzt bleibt die Person und Persönlichkeit der Ausbilder. Fühlt sich das stimmig an? Überzeugt mich die Person als Coach und als Ausbilder? Habe ich Lust, von diesem Menschen zu lernen, mich von ihr oder ihm prägen zu lassen? Denn: Eine wirklich gute Coachingausbildung, bei der es um Klasse statt um Masse geht, beruht auf dem alten Meister-Schüler-Prinzip: Lernen von Mensch zu Mensch, Nachahmen, den eigenen Weg finden und in seinen Lernschleifen gut begleitet werden.


Und damit gilt zuletzt: In der Fülle der Sandburgen lässt sich schon unterscheiden, welche solide gebaut ist und welche nicht. Welches Fähnchen aber am besten zu einem passt - das muss (und darf) jeder angehende Coach selbst entscheiden.

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